Festigkeitsberechnung

Lastvielfache

Die Festigkeitsberechnung wird hier angefügt zur Überprüfung der initialen Auslegung der einzelnen Komponenten. Als wichtigste Elemente dieser Betrachtung kommen der Flügelholm un der Flächenverbinder in Betracht.

Zuerst wird untersucht, was die grösste Biegespannung verursacht. Hierzu gibt es zwei Betrachtungsfälle:

Der erste Ansatz geht davon aus, mit welcher Geschwindigkeit v ein Looping mit entsprechendem Radius r geflogen wird. Dieser Ansatz wird von den DS (Dynamic Soaring)-Fliegern bevorzugt und mit Fluggeschwindigkeiten v von bis zu 190 m/s zum Limit gebracht ;-) Hier wird das Lastvielfache n wie folgt ermittelt:

(1)

n = 1 + v2 / (r * g)

nimmt man v = 80 m/s und r = 30 m, so ergibt sich ein Lastvielfaches n = 19.6

Dieser Ansatz wurde ursprünglich auf der Seite von dynamic-soaring.de mit weiteren Beispielen ausgeführt. - Leider ist die Seite in der Zwischenzeit vom Netz genommen worden.

Der zweite Ansatz geht vom Verhältnis des maximalen Auftriebs A zur Gewichtskraft G des Modells aus. Hierzu wird zuerst der maximale Auftrieb A des Modells betrachtet. Welcher von den bereits ermittelten Werte des Berechnungsmodells, der Profilpolaren und der Ballastierung bekannt sind: v = 70 m/s, camax = 1 und F = 400'000 mm², m ca. 3'000 g, s = 2'400 mm, ρ = 1.225 kg/m3

(2)

A = ρ / 2 * camax * v2 * F

A = 960 N ; G = 29.4 N; n = 33

Nun wird unter diesen Gegebenheiten der minimale Abfangbogenradius r ermittelt durch Umstellung der oben aufgeführten Formel.

(3)

r = (1 + v2) / (n * g)

r = 15 m

Dieser Ansatz wurde unter anderem auf der Webseite vom Roten Baron (Christian Baron) beschrieben. Er hat auch verdankenswerterweise gleich ein Excel erstellt, welches neben den Kräften auch die Auslegung der Flügelholme und Flächenverbinder auf diesem Ansatz berechnet. Diese Berechnungen sind weiter unten noch beschrieben.

Querkraft und Biegemoment

Abbildung 284: Querkraft und Biegemoment

Biegemoment und Querkraft

Das Maximale Biegemoment Mb greift vereinfacht in der Mitte der Flügel (s/4) an. Unter der Annahme, dass der Flügel ein elliptisches Auftriebsmoment erbringt, verschiebt sich der Flächenschwerpunkt und damit der Angriffspunkt des Auftriebs A gegen die Flächenwurzel.


(4)

Mb = 0.4 * s / 4 * A / 2

Mb = 58 Nm (Maximaler Auftrieb)

In der Realität wirkt aber bei schnellen Richtungsänderungen (Radius r = 15 m) die Zentrifugalkraft ZFr mit n-Facher Gewichtskraft des Rumpfes mit der Masse mr = 1600 g.

(5)

ZFr = mr * v2 / r

ZFr = 512 N

In diesem Fall berechnet sich das Biegemoment Mb aufgrund des Sachverhalts dass A = G + ZFr:

(6)

Mb = 0.4 * s / 4 * (G + ZFr) / 2

Mb = 130 Nm (Berücksichtigung der Zentrifugalkraft bei Abfangbogen)

Berechnet man das Biegemoment Mb das beim Hochstart entsteht und geht von einem caH = 1 und einer Endgeschwindigkeit vH = 33 m/s an der höchsten Stelle bei einem Radius R = 175 m aus. Und berücksichtigt hier die wirkende Zentrifugalkraft der Flügel ZFf bei einer Flügelmasse mf = 1400 g

(7)

AH = rho/2 * caH * vH2 * F

AH = 272 N

(9)

ZFf = mf * vH2 / r

ZFf = 9 N

(10)

Mb = 0.4 * s / 4 * (AH + ZFf) / 2

Mb = 67 Nm (Hochstart)

Als weitere Betrachtungsmöglichkeit steht die Lastfall-Beurteilung an bei der der Auftrieb A ist gleich dem Lastvielfachen n multipliziert mit der Gewichtskraft G und somit:

(11)

Mb = 0.4 * s / 4 * n * G / 2

Mb = 230 Nm (Maximaler Lastfall)

Offensichtlich entsteht das grösste Biegemoment Mb unter der Lastfall-Annahme und wird als massgebend für die weitere Berechnung berücksichtigt. Dementsprechend tritt in dieser Belastung auch die grösste Querkraft Q auf.

(12) Q = n * G Qmax = 480 N,

Diese Biegespannung wird nun an verschiedenen Stellen des Flügels aufgenommen. Dazu wird die Biegespannung Mb (x) am Ort (x) ermittelt. Durch einsetzen der obigen Formeln vereinfacht sich die Beschreibung:

(13)

Mb (x) = x2 / s * 0.3 * ca * v2 * F

Analog zur lokalen Biegespannung Mb (x) am Ort (x) berechnet sich die auftretende Querkraft Q (x) bzw. Qmax an der Flächenaufnahme.

(14)

Q (x) = x / s * 0.3 * ca * v2 * F
Zug- und Druckspannung in Holmgurten

Abbildung 285: Zug- und Druckspannung in Holmgurten

Dimensionierung Gurtquerschnitte

Die Biegespannung muss nun vom Holm bzw. dessen Gurten aufgenommen werden. Dies äussert sich in der Biegung des Flügels und führt zu einer Zugspannung FZ auf der Unterseite des Holms bzw. einer Druckspannung FP auf der Oberseite des Holms mit der Höhe h.

(15) FZ = M / h

Querschnitt des Holmes

(16) A = FZ / sZ

Die Gurtquerschnitte berechnen sich nun aufgrund des gewählten Flügelprofils, dem Trägerquerschnitt und dem entsprechenden Aufbau (Dimension und Materialwahl)

Die Sandwich-Schale mit der Höhe H = 9% der Flügeltiefe t an der Flächenwurzel mit der Tiefe t = 200 mm besteht an der Position des Holmes aus der Farbschicht und der Gewebe-Aussenlage von ca. 0.4 mm. Daraus berechnet sich die erreichbare Holmhöhe h = 17.2 mm.

Holmaufbau von Luzi 2

Abbildung 127: Holmaufbau von Luzi 2

Als erstes wird nun das erforderliche Widerstandsmoment W an der Stelle (x) ermittelt unter Berücksichtigung der verwendeten Materialparameter in diesem Falle von CFK-Gurten mit einer Zugfestigkeit s = 800 N/mm2. Entsprechend wird dieses Widerstandsmoment W für die zwei symmetrisch positionierten Holmgurten mit Rechteck-Querschnitt im Abstand h zur Neutralen Faser gleichgestellt.

17

W(x) = Mb(x) / s = (b * h3 - b * h13) / (6 * h)

Nun wird eine Breite b = 35 mm an der Flügelwurzel angenommen und damit durch Umstellen der genannten Formel die Höhe h1 ermittelt und daran anschliessend die die Dicke t der Holmgurten. Die Breite b kann so angepasst werden, dass die Dicke t einen sinnvollen Einbau des Flächenverbinders zulässt.

(18)

h1(x) = ((b(x) * h(x)3 - (6 * h(x) * W(x)) / b(x))1/3

(19)

t(x) = (h(x)- h1(x)) / 2

Diese Berechnungen sind für gewählte Stützstellen (x) ausgeführt in der genannten Excel-Datei.

Querkraft aufgenommen in Holmsteg

Abbildung 286: Querkraft aufgenommen in Holmsteg

Steg-Dimensionierung

Die Querkraft Q wird von den Stegen des Holms aufgenommen. Aufgrund der oben dargestellten Biegung des Flügels wirken diese Kräfte im 45° Winkel zur Holmachse.

Das Stegmaterial muss nun die Querkraft Q übernehmen. Daher ist die zulässige Schubspannung tB des verwendeten Materials von Bedeutung. Angenommen, ein weicher Kern wird beidseitig beschichtet, so ergibt sich für eine Schicht folgende Stärke ds.

(20)

ds(x) = Q(x) / (2 * h(x)  * tB)

Diese Berechnungen der Biegemomente und deren abgeleiteten Kräfte bzw. Holmdimensionen ist eine Ergänzung im bereits beschrieben Excel-Datei, welches nachfolgend für die Flügel-Holmdimensionierung verwendet wird.

Biegespannung am Flächenverbinder

Der Flächenverbinder wurde initial als CFK- Rechteckverbinder mit den Dimensionen 14 mm * 32 mm ausgelegt. Entsprechend wurde er als Hohlprofil mit einer Wandstärke von 1 mm und einem zusätzlichen Mittelsteg ausgeführt. Die nachfolgende Abbildung des Querschnitts verdeutlicht die Ausführung besser als die Prosabeschreibung.

Flächenverbinder von Luzi 2

Abbildung 124: Flächenverbinder von Luzi 2

Die Hohlkammern ermöglichen die Aufnahme des Ballasts, wie bereits in den Optimierungsschritten beschrieben.

Die Frage ist nun, ob diese Auslegung die auftretenden Biegemomente aufnehmen kann und ob die auftretenden Scherkräfte bei einer Stecklandung nicht zum Bruch führen.

Die Biegespannung s berechnet sich aus dem Verhältnis des auftretenden Biegemoments Mb zum Widerstandsmoment des Flächenverbinders Wy (y beschreibt hier die Achsrichtung in der dieses Moment auftritt- in diesem Fall entlang der Längsachse des Modells)

(21) s = Mb / Wy

Für das Widerstandsmoment Wy des rechteckigen Hohlprofils gilt:

(22)

Wy = (B * H3 - b * h3) / ( 6 * H)

Diese Widerstandsmomente gelten sowohl für das oben gezeigte rechteckige Hohlrofil (1), wie auch für auch für den gewählten Querschnitt (2) unter Berücksichtigung, dass hier b = B - 3 * s ist bzw. auch für den Doppel-T-Träger (3).

Widerstandsmoment eines rechteckigen Hohlprofils

Abbildung 307: Widerstandsmoment eines rechteckigen Hohlprofils

Wy = 448.8 mm3 (Bauform 2)

Entsprechend berechnet sich damit eine maximale Schubspannung σ

σ = 514 N/mm2

Die zulässige Biegespannung für die verwendeten Kohlefaser-Gewebe/ -Rovings liegen bei > 800 N/mm2. Damit ist hier ausreichend Sicherheitsreserve vorhanden.

Schubspannung am Flächenverbinder

Angenommen das Modell soll eine Stecklandung bei einer Geschwindigkeit v = 30 m/s unbeschadet überstehen, so ist die Impulsenergie innerhalb kürzester Zeit (angenommen t = 1 s) zu absorbieren. Entsprechend ergibt sich aus der Masse m des Modells folgende Scherkraft F, welche auf den Flächenverbinder bzw. des Querschnitt A wirkt.

(23) F = m * v / t

F = 90 N

Diese Kraft F wirkt auf den oben dargestellten Querschnitt (2) A = 100 mm2 und ergibt die Scherspannung τ

τ = 0.9 N/mm2

Die zulässige Schubspannung für die verwendeten Kohlefaser-Gewebe/ -Rovings liegen bei > 30 N/mm2. Damit ist hier ausreichend Sicherheitsreserve (30) vorhanden, bzw. der Einschlag bei härterem Grund wird auch überstanden

Biegung und Flächenpressung Flächenverbinder

Abbildung 308: Biegung und Flächenpressung Flächenverbinder

Biegung Flächenpressung am Flächenverbinder

Betrachtet mann den Flächenverbinder als fix eingespannt am Rumpf und belastet Ihn mit der max. Querkraft Qmax bzw. bringt das max. Biegemoment Mbmax an, so verbiegt sich der Flächenverbinder mit der Länge L um den Betrag wmax welches vom Trägheitsmoment J des verwendeten Querschnitts und dem Elastizitätsmodul E des verwendeten Materials abhängig ist.

L = 182 mm, ECFK = 80'000 N/mm2

(24)

J = 1/12 * (B * H3 - b * h3)

J = 3141 mm4

(25)

wmax = 1/3 * Qmax * L3 / (E * J)

wmax = 0.021 mm (bezogen auf Querkraft)

(26)

wmax = 1/2 * Mbmax * L2 / (E * J)

wmax = 0.015 mm (bezogen auf Biegemoment)

Die Flächenpressung P welche maximal auftritt bei Qmax ist abhängig von der Auflagefläche am Rumpf, welche bedingt durch die Herstellung mit einer max. Wandstärke a = 2 mm in diesem Bereich angenommen werden kann. Damit ergibt sich:

P = 7.5 N/mm2

Biegemomente und Querkräfte

Abbildung 126: Biegemomente und Querkräfte

Holmdimensionierung

Die Holmdimensionierung erfolgt anhand der bereits angesprochenen beschrieben Excel-Datei. Hier werden die notwendigen Vorgaben gemäss der Modellauslegung eingegeben und aus den gewählten Materialparametern entsprechenden Kennzahlen ermittelt.

Diese Auslegung wurde Entsprechend der zuvor ermittelten Querkräfte Q und Biegemomente Mb entlang der Spannweite durchgeführt.

Um diese Kräfte aufnehmen zu können, wird der Holmgurt entweder mit CFK- Rowings HTA 12k oder mit UD-Gelege UD-CST125/300 aufgebaut. Hierzu sind nachfolgend die Anzahl Rowings bzw. die Schichtenzahl angegeben im Falle eines Aufbaus mit UD-Gelege aufgeführt.

Holmaufbau in Anzahl Rovings

Abbildung 128: Holmaufbau - Holmgurt in Anzahl Rovings

Holmaufbau in UD-Gelege-Schichten

Abbildung 129: Holmaufbau - Holmgurt in UD-Gelege-Schichten

Die Breite des Holmgurtes wurde auf die Breite des Flächenverbinders abgestimmt und nimmt kontinuierlich nach Aussen ab.

Der Holmsteg besteht aus Rohacell oder Depron und wird mit 45° CFK-Gewebe beschichtet. Entsprechend sind hier die Schichtdicken aufgeführt. Noch offen ist ob die mittels Geflechtschläuchen oder seitlich angebrachten Gewebes erfolgt.

 Holmaufbau Holmbreite

Abbildung 131: Holmaufbau - Breite des Holmgurtes

Holmaufbau anzahl Stegschichten

Abbildung 130: Holmaufbau - Schichtdicken des Holmsteges

Schlussfolgerungen aus der Festigkeitsberechnung

Die initiale Auslegung genügt den ermittelten Belastungsfällen in allen Bereichen und weist darüberhinaus noch ausreichend Festigkeitsreserven. Trotz dieser Erkenntnis werden die Dimensionen vom Flächenverbinder nicht nach unten angepasst, da er die Ballastkammern beinhaltet.

Die Auslegung des Holms wird in der Detaillierung der Flügelauslegung im CAD entsprechend berücksichtigt.