Simulation

Modellsimulation

Die Simulation des Models erfolgt mit FLZ_Vortex. Dazu wird das Modell entsprechend der skizzierten Geometrie aus dem CAD aufgebaut und analysiert.

Die nachfolgende Ausführung beschreibt das Vorgehen bei der Simulation von Luzi 2 in FLZ_Vortex. Ursprünglich zielte die Simulation darauf ab, herauszufinden, ob das RG15 oder das HQ/DS-1.75-8 Profil eingesetzt werden sollen.

In der Zwischenzeit wurden bereits andere Profile evaluiert und die Simulationen zusätzlich mit XFLR5 verifiziert. Im selben Zeitraum hat Frank Ranis auf RC-Network eine hervorragende Dokumentation erstellt, welche die bereits sehr gute, integrierte Hilfe mit spezifischen Ausprägungsinformationen ergänzt. Aufgrund der Umfangreichen Ausführungen ist seine Anleitung in zwei Teile aufgetrennt. Im 1. Teil erfolgt die Modelldefinition und im 2. Teil sind Angaben zum Simulationsvorgehen.

Die nachfolgende Beschreibung zeigt beispielhaft die einzelnen Simulationsschritte auf. Im Weiteren wurde das Modell in unterschiedlichen Konfigurationen ausgeprägt. Damit soll die Berechnungsgenauigkeit erörtert werden. Entsprechend ist das Modell gemäss den Dimensionen aus dem CAD, aus dem berechneten 3-fach Trapez-Ersatzflügel, als optimierter Ellipsenform und zuletzt mit dem berechneten rechteckigen Ersatzflügel verglichen worden. Weiter wurde der Einfluss der unterschiedlichen Profile in der Simulation geprüft.


Vorgehen in der Analyse

1. Modellgeometrie aufbereiten

Die gesamte Modellgeometrie wird aus der Excel-Liste übernommen gemäss der oben genannten Anleitung 1. Teil. Der Aufbau des Flügels startet am Punkt x: 0, y: 0, z: 0. Dabei wird darauf geachtet, dass die Panelaufteilung am Rand und bei den V-Übergängen auf Sinusverteilung eingestellt wird (damit die Übergänge nicht sprunghaft erfolgen). Die Profile können zum Vergleich einfach getauscht werden. Das simulierte Modell im nativen flz-Format ist hier angefügt.

2. Auslegungsrechnung per Anstellwinkel α

In einzelnen Schritten wird der Einstellwinkel α von 0 .. 8° eingestellt und der Auftriebsbereich beurteilt, bis die Strömung am Flügel abreist. Hier wird beurteilt, wo am Flügel und bei welchem Anstellwinkel der Abriss (indiziert durch die rot schraffierte Fläche) zuerst erfolgt. Daraus ermittelt sich der max. Anstellwinkel αmax und die hinterstmögliche Schwerpunktlage xs, sowie die Aussage ob das Modell eher gutmütig reagiert, sprich über die Nase abkippt beim Abriss in der Mitte des Flügels, oder eher giftig, wenn der Abriss zuerst an der Flügelspitze auftritt. Die roten Dreiecke zeigen die “Blasenwarnung”, welche einen nahenden Abriss ankündigen.

Berechneter Flügel von Luzi 2 bei α = 8°

Abbildung 435: Berechneter Flügel von Luzi 2 bei α = 8°

3. Auslegungsrechnung per CA

Da es sich hier um einen schnellen Hangsegler geht, erfolgt die Beurteilung der Flugphasen von einem CA = 0.2 .. 0.25 als Referenz aus. Auf diesen Wert soll die Einstellwinkeldifferenz (EWD) eingestellt werden, durch Anpassen des Anstellwinkels αf vom Flügel, während der Einstellwinkel für das Leitwerk αh = 0° gewählt wird. Entsprechend soll hier die gewünschte Stabilität σ ≈ 11 .. 15% erreicht werden, damit im Langsamflug noch genügend Reserven bestehen. Ein Verschieben des Schwerpunktes xs ist dann immer noch möglich.

4. Auslegungsrechnung per Stabilitätsmass σ

Für den hier vorliegenden Hangsegler soll das Stabilitätsmass σ im Normalflug zwischen 8 und 10 % liegen, damit das Modell eigenstabil unterwegs ist bei einem CA = 0.6 bzw. einer Fluggeschwindigkeit von vx = 10 m/s, was dem zuvor beschriebenen Langsamflug entspricht.

5. Auslegungsrechnung per Schwerpunkt xs

Ist das Modell soweit eingestellt, dass das Stabilitätsmass σ, der Auftrieb CA und die EWD in etwa passen, dann wird der Schwerpunkt xs abgelesen und für die weitere Berechnung mit diesem Wert fixiert. An dieser Stelle kann nun die minimale Fluggeschwindigkeit vxmin ermittelt werden, kurz bevor die Strömung abreisst. Hier soll entsprechend auf die Auftriebsverteilung am HLW geachtet werden, dass hier noch genügend Reserven innerhalb des Auftriebsbandes (dargestellt durch die beiden grünen Linien CA min und CA max) bestehen bei entsprechendem Klappenausschlag.

6. Auslegungsrechnung per Geschwindigkeit vx

Soll das Modell eine bestimmte Fluggeschwindigkeit vx bei einer entsprechenden Stabilität σ erreichen, so kann die EWD entsprechend eingestellt werden. Dieser Ansatz erfolgt analog zur oben beschriebenen Auftriebsauslegung.

7. Berücksichtigung zusätzlicher Widerstände

Um eine realitätsnahe Simulation zu erreichen, werden der Blasenwiderstand, der Rumpfquerschnitt von 0.0008 m2, der Interferenzwiderstand Cw_int = 0.008 und der die Rumpfwiderstand mit Cw_Rumpf = 0.08 berücksichtigt. Damit werden die zuvor ermittelten Flugzeugpolaren deutlich tiefer ausfallen, als ohne diese Berücksichtigung.

8. Luftdichte und Flughöhe

Die Simulation erfolgt bei einer Luftdichte von ρ = 1.225 kg/m3 und einer Höhe von 0 m ü. M. Auch hier ist der Einfluss auf die Simulation deutlich erkennbar. - Auf dem Jungfraujoch mit ca. 3500 m ü. M. herrscht dünnere Luft, entsprechend muss schneller geflogen werden :-)

9. Gesamtpolarenrechnung per Anstellwinkel

Diese Simulation demonstriert die Gleitzahl E und die Sinkgeschwindigkeit vs des Modells in Funktion des Anstellwinkels α, wobei der Schwerpunkt xs fixiert ist. Hier werden auch die gewölbten Klappen oder geänderte EWD bzw. die HLW-Klappenstellungen simuliert. Die Polaren können sowohl tabellarisch, als auch grafisch ausgelesen, verglichen und gespeichert werden.

Kurven-Interpretation

Sämtliche Kennwerte aus den jeweiligen Auslegungs-Simulationen werden in einer Excel-Tabelle aufgezeichnet um die unterschiedlichen Auslegungen vergleichen zu können.

Nachfolgende Darstellungen gelten für alle Kurven:

Re-Zahl: blau ━━━━ Induzierter Widerstand: violett ━━━━ Auftrieb: grün ━━━━ Zirkulationsstärke: rot ━━━━

Strömungsabriss rot ▃▅▅▃ Blasenwarnung rot △△△ Schwerpunkt cyan XS Neutralpunkt türkis XNDruckpunkt senf XD

Abbildung 335: Berechneter Flügel von Luzi 2 bei CA = 0.2

Erste Erkenntnisse aus der Simulation

Grundsätzlich konnte simuliert werden, dass ein stabiler Flug mit dieser Auslegung möglich ist. Ebenso konnten die Einstellmöglichkeiten von Schwerpunkt und Klappenausschläge eingegrenzt werden, was für die Flugerprobung erste Anhaltspunkte ergibt.

Generelle Anmerkung zum Vergleich

Bei diesem Vergleich ist das Auslegungsziel von entscheidender Bedeutung. Die Vergleichswerte sind in der Excel-Tabelle zusammengefasst und können dem entscheidenden Kriterium entsprechend sortiert werden bzw. es können auch Teilbereiche gefiltert werden.

Grundsätzlich ist eine Stabilität zwischen 7 und 13% je nach Geschwindigkeitsbereich gefordert (je grösser die Geschwindigkeit desto grösser ist auch die Stabilität). Hier soll das Auslegungsziel ein schneller Hangflieger sein. Entsprechend interessiert eine hohe Geschwindigkeit vx bei hoher Gleitzahl E, gegebenenfalls bei hoher Steigzahl S und niedriger Sinkgeschwindigkeit vs. Dazu habe ich mehrere Werte durch mathematische Operationen verknüpft. Wichtig für die Betrachtung ist, dass weder das Höhenleitwerk noch die Wölbklappen ausgeschlagen sind für diesen Vergleich.

1) opt1 = vx * E * S / vs; hier werden die Langsamflugeigenschaften im Vergleich berücksichtigt.

2) opt2 = vx * E; Hier wird das primäre Auslegungsziel berücksichtigt.

Anstelle der Multiplikation kann auch auch eine Addition verwendet werden, wobei die Unterschiedlichen Werte dabei weniger stark gewichtet werden. - Es dient ja lediglich einem Vergleichsmuster, dass jeder selber setzen kann. Das berechnete Δ in % bezieht sich auf die Abweichung der jeweiligen Auslegung im Vergleich zum besten Wert (aktuell gewählter Referenzwert opt2)

Bei der Simulation ist die Parametrierung sehr aufwendig. So habe ich im Verlauf der Simulationen verschiedenen zusätzliche Einstellungen wie Profilstrack, Blasenwiderstand, Rumpffläche, Widerstandsbeiwert des Rumpfes CW Rumpf und Interferenzwiderstand CW_int, Analyse-Optimierung am V-Knick etc. eingestellt. Daher sind gegebenenfalls andere Zahlenwerte zu erwarten, als ursprünglich berechnet.

Inverse Ellipse mit einer Wurzeltiefe l0 = 200 mm bei S = 10

Abbildung 344: Berechneter Ersatzflügel von Luzi 2 bei CA = 0.2

Berechneter 3-fach Trapez Ersatzflügel

Da die Simulation mit vielen Stützstellen doch sehr lange dauert, habe ich zur Verifikation den vereinfachten Trapez-Ersatzflügel aus der Berechnung simuliert. Die berechneten Werte stimmen erstaunlich gut und beschleunigen den Simulationsablauf erheblich. Dieser Ansatz ist ist für eine erste Auslegung sicherlich hilfreich, für eine definitive Aussage hingegen würde ich den Aufwand der Pflege der einzelnen Stützstellen aus dem CAD sicher wieder durchführen.

Rechteckiger Ersatzflügel

In einem weiteren Schritt sollte die Abstraktion noch weiter geführt werden um den Nutzen der Geometriepflege zu klären. Dazu wurde der berechnete Ersatzflügel in Rechteckform simuliert. Von der ursprünglich angestrebten leicht überelliptischen Auftriebsverteilung ist hier natürlich nichts mehr geblieben. Entsprechend sind die beurteilten Leistungsparameter durchwegs tiefer ausgefallen. Der Schwerpunkt wird deutlich nach Vorne verschoben bzw. die Stabilität kann mit vergleichbaren Einstellwinkel bzw. EWD nicht erreicht werden. Einzig mit einer EWD von 1.5° kann eine ausreichende Stabilität bei langsamen Fluggeschwindigkeiten erreicht werden. Dafür schränkt sich aber Anstellwinkelbereich etwas ein.

Rechteckflügel mit einer Wurzeltiefe l0 = 170 mm bei CA = 0.5

Abbildung 332: Rechteckflügel mit einer Wurzeltiefe l0 = 170 mm bei CA = 0.5

Inverse Ellipse mit einer Wurzeltiefe l0 = 200 mm bei S = 10

Abbildung 432: Elliptischer Grundriss mit gerader t/4-Linie bei Auslegung CA = 0.25

Elliptischer Flügelgrundriss

Einzig beim elliptischen Flügel ist die Auftriebsverteilung konstant. Entsprechend ist hier der Beste Auftrieb zu erwarten. Da die Ellipse nicht zwingend symmetrisch ausgeprägt werden muss, wurde dem konstruktiven Aspekt einer möglichst geraden t/4-Linie die Mittelachse zur Nase hin verschoben. Daraus resultierte die elliptische Geometrie. Diese erfordert eine starke Pfeilung der Ruderklappen-Scharnierlinie nach vorne, was insbesondere bei den Querrudern entweder zu einer Abweichung der Klappentiefe führt oder eine gekrümmte Scharnierlinie verursacht.

Deutlich zu erkennen ist die konstante Auftriebsverteilung, die annähernd elliptische Auftriebsverteilung und der geringe induzierte Widerstand. Der elliptische Querschnitt wurde an den Flügelspitzen bewusst abgeschnitten. da die kleinen Re-Zahlen bei Flügeltiefen < 100 mm stark ansteigen und eher zu mehr Widerstand den Leistungsverbesserung führen.

Dies ist sicherlich ein Indiz, warum moderne Modellauslegungen wie die Needle oder Pike Precision diese Grundrisse konsequent anwenden.

Inverse Ellipse mit einer Wurzeltiefe l0 = 200 mm bei S = 10

Abbildung 338: Inverse Ellipse mit einer Wurzeltiefe l0 = 200 mm bei s = 10

Aus den genannten Gründen wurde auch die invers elliptische Form analysiert. Hier ist die Torsionsbelastung des Flügels zwar etwas grösser aber die Scharnierlinie kann prozentual konstant umgesetzt werden.

Vergleich der Modellpolaren

Durch die Festlegung der jeweiligen Schwerpunkte xs konnten die verschiedenen Auslegungen über einen gewissen Anstellwinkelbereich verglichen werden. Darin zeigen sich die jeweiligen Modellpolaren.

Wie zu erwarten War schneiden die elliptischen Auslegungen sehr gut ab und die Rechteck-Ersatzfläche eher unterdurchschnittlich. Die CAD Auslegung ist nur mittelmässig und die Berechnung der Trapez-Ersatzfläche erscheint insbesondere bei tiefen Geschwindigkeiten sehr gut, was sicherlich mit der vergrösserten Fläche im Wurzelbereich zu begründen ist.

Profilpolarenvergleich

Abbildung 434: Profilpolarenvergleich

Profilpolaren Typ 2 aus Vergleich

Abbildung 433: Profilpolaren Typ 2 aus Vergleich

Erkenntnisse aus dem Profilvergleich

Im Profilvergleich geht es darum das Verhalten desselben Simulationsmodell mit unterschiedlichen Profilen (Stracks) bei gleichen Einstellungsbedingungen zu überprüfen.

Dabei wurde 3 Auslegungsvorgaben verglichen: 1. α = 0° , 2. CA = 0.5 und α = 2.591°. Diese Vergleichsvorgaben stammen von Frank, der mich gebeten hat seine Profilvorschläge zu prüfen. Sein Ziel war primär ein schnelles Profil zu bekommen. Auffällig an den Vergleichen ist, dass hier die Stabilität deutlich zu tief ausfällt.

Bei einem Anstellwinkel α = 0° beträgt der Auftriebswert CA = 0.13 .. 0.26. Damit werden Fluggeschwindigkeiten von vx = 15 .. 21 m/s zu erwarten sein. Der Gleitwinkel E und die Sinkrate S sind hier analog und umgekehrt proportional sortiert zur Sinkgeschwindigkeit vs.

Beurteilt man die Profile für CA = 0.5 bzw. α = 2.591°, so sind ausgehend von den jeweiligen Profilpolaren auch die Gleitleistungen entsprechend ausgefallen.

Sucht man nun nach der optimalen Gleitzahl, der Optimalen Sinkrate oder nach opt1, opt2, so sind ganz andere Profile besser für die optimale Auslegung.

Fazit aus den Simulationsvergleichen

FLZ_Vortex ist ein hervorragendes Auslegungswerkzeug, welches die Geometrie des Modells und die entsprechenden Einstellungen optimal nach den individuellen Zielsetzungen gestalten lässt. Bei Simulationsvergleichen mit unterschiedlicher Profilierung hingegen sehe ich im XFLR5 bzw. auch im Profili2 besser geeignete Vergleichsinstrumente, welches die Profilkennwerte und im Falle des XFLR5 die Auslegung besser vergleichen lässt.

Aus dem Vergleich wurde klar, dass die Geometrie problemlos vereinfacht werden kann. Der berechnete Dreifachtrapezflügel liefert brauchbare Vergleichsresultate, die vereinfacht gesehen die aufwendig beschriebene Flügelgeometrie repräsentieren, welche aus den Splines abgeleitete wurde. Der berechnete Ersatz-Rechteck-Flügel hingegen ist eine zu starke Vereinfachung, welche die Auslegung nur ungenügend repräsentiert und zu starken Abweichungen bezüglich Schwerpunkt und Auftriebsverhalten führt.

Ebenso deutlich zeigt sich im Vergleich die Überlegenheit einer vollständig elliptischen Flügelgeometrie, welches das Optimum bezüglich der angestrebten Gleitleistungen repräsentiert. Noch mehr Leistung gibt es hier nur bei grösserer Spannweite bzw. Streckung unter Berücksichtigung einer genügend hohen Profilwurzeltiefe, da die Re-Zahlen an den Flügelspitzen aufgrund der geringen Profiltiefen mehr induzierten Widerstand verursachen, als sie zu mehr Auftrieb verhelfen. Dazu wäre aber auch eine andere Modellgeometrie erforderlich.

Die bautechnischen Herausforderungen für den Flügelstrack von Luzi 2 sind sicherlich genau so aufwendig wie diejenigen für einen elliptischen Flügelgrundriss. Also entscheidet hier subjektiv nur der Design-Wunsch, an der bisherigen Geometrie festzuhalten. Leistungsmässig sprechen wir hier von einer Reduktion von 3 bis 4 % gegenüber der optimalen inversen elliptischen Geometrie.