Profilpolaren

Profilpolaren

Profilpolaren werden bereits auf Wikipedia hervorragend beschrieben. Daher versuche ich mich im Folgenden um eine Zusammenfassung bezogen auf ein schnell fliegendes Hangflugmodell.

Die Profilpolaren sind graphische Darstellungsversuche zur Klärung der anliegenden Kräfte an einem Profil bei unterschiedlichen Anstellwinkeln. Da sich die Kräfte unter anderem geschwindigkeitsabhängig verändern werden nicht die auftretenden Kräfte sondern sogenannte Einheitslose Beiwerte dargestellt. Diese lassen nun ein Vergleich unterschiedliche Ansätze zu.

Die Polaren beschreiben also das Widerstands-, das Auftriebs- und das Momenten-Verhalten von Profilen und deren Verlauf bzw. deren Ableitungen und Verhältnisse.


Kenngrössen von Polaren

Nachfolgende Kennwerte sind wichtig im Umgang mit Profilpolaren und dienen oft als Vergleichsparameter:

  • Der Auftriebsbeiwert ca beschreibt den Verlauf des Profilauftriebs

  • Der Widerstandsbeiwert cw beschreibt den Verlauf des Profilwiderstandes

  • Der Momentenbeiwert cm beschreibt den Verlauf des Profilmomentes

  • Der Nullauftrieb ca = 0 beschreibt den Punkt an dem das Profil keinen Auftrieb generiert

    • Der Nullmomentenbeiwert cm0 beschreibt das Profilmoment bei Auftrieb ca = 0

    • Der Nullauftriebswinkel ao beschreibt den Anstellwinkel bei ca = 0

  • Der Geringste Widerstand cwmin beschreibt den Punkt innerhalb der Polare mit dem geringsten Profilwiderstand

    • Der maximale Auftriebswert camax Entspricht dem Punkt des maximalen Auftriebs

  • Das Beste Gleiten Emax ist gleich dem maximalen Quotient aus ca / cw

    • Das Beste Steigen ist gleich c3a / c2w

Profilpolarendarstellung in XFLR5

Abbildung 407: Profil-Polarendarstellung in XFLR5

Profil-Kennwerte

Zur geometrischen Beschreibung von Profilen haben sich nachfolgende Kennwerte als vergleichbar beschreibend herausgestellt. Auch hier werden die Angaben als dimensionslose Grössen im Verhältnis zur gewählten Dimension in % beschrieben.

  • Profiltiefe l beschreibt die Länge des Profils

  • Profildicke d beschreibt die maximale Dicke des Profils

  • Profil-Dickenrücklage beschreibt die Position der maximalen Dicke, ausgehend von der Profilnase

  • Profil-Wölbung beschreibt die maximale Wölbung der Profilsehne

  • Profil-Wölbungsrücklage beschreibt die Position der maximalen Wölbung, ausgehend von der Profilnase

Profilgeometrie

Abbildung 407: Profilgeometrie

Berechnungsprogramme

Zur Berechnung von Profilen werden verschiedene Programme eingesetzt. Als Vertreter hierzu referenziere ich auf die Programme Profili und XFLR5, welche die nachfolgenden Grafen hervorbringen.

Laminarprofile für Flügel

Für den Einsatz von Segelflugmodellen kommen an den Tragflächen hauptsächlich Laminarprofile, bei denen die anliegende Strömung sich möglichst lange ungestört an der Oberfläche des Profils entlang bewegt. Ab einer bestimmten Länge jedoch schlägt die laminare Strömung aufgrund der Reibung in eine turbulente Strömung um. Dieser Umschlag verursacht einen unmittelbaren Druckanstieg und führt damit zu einem deutlich höheren Widerstand.

Symmetrische Profile für das Leitwerk

Für das Leitwerk sind primär minimaler Widerstand bei moderaten Einstellwinkeln von Interesse, um das vom Flügel erzeigte Drehmoment kompensieren und darüberhinaus die gewollten Richtungsänderungen bewirken zu können. Bei den Leitwerksprofilen ist ebenso wie bei den Flügelprofilen darauf zu achten, wie die Widerstandszunahme aufgrund des Strömungsumschlages von Laminar zu Turbulenter Strömung an den Aussenflügeln verhält.

Re-Zahl-Betrachtung

Für den Vergleich von Profilen Kommen prinzipiell zwei Betrachtungen in Frage.

Entweder die Profile werden bei gleicher Re-Zahl betrachtet. Dann eignet sich der dimensionslose Vergleich basierend auf den Typ-1 Polaren. In dieser Betrachtung sind die angenommenen Flügeltiefen und die Fluggeschwindigkeiten konstant. Es ändert sich einzig der Anstellwinkel. Dies entspricht aber nicht wirklich der Realität, da ein Segelflugzeug im stationären Flug bei hohen Auftriebswerten langsam und bei niedrigen eher schnell fliegt.

Für diesen stationären Gleitflug gibt es die Typ-2-Betrachtung, welche sowohl die Profiltiefe und die Flächenbelastung berücksichtigt. Hier gilt folgende Gesetzmässigkeit:

1) G = A = cA * ρ / 2 * v2 * F = Konstant

2) Re = v * l * ρ / 2

aus 1) und 2) kann nun abgeleitete werden, dass Re2 * ca = Konstant bzw.

3) Re * ca1/2 = Konstant

Bei ersten Sonderfall beträgt ca = 1 und somit auch Re * ca1/2 = 1

Nun können die Re-Zahlwerte für die Entsprechenden Flügeltiefen und einem CA = 1 an der Entsprechenden Stelle aus FLZ_Vortex abgelesen werden.

Im zweiten Sonderfall CA = 0 eignet sich dieser Ansatz nicht da die Wurzel aus Null nicht definiert ist. Entsprechend funktionieren die Typ-2 Polaren nur ab einem Auftriebswert CA = > 0.01

Welcher Re-Zahlbereich interessiert nun für den Profilvergleich. Hierzu folgende Überlegung unter Berücksichtigung der Modellgeometrie:

4) Re ˜ 70'000 * v * l

Die Fluggeschwindigkeit im Langsamflug vx = 10 m/s und im Schnellflug vx = 70 m/s

Profiltiefe an der Flügelwurzel beträgt l = 0.2 m und die Profiltiefe an der Flügelspitze l = 0.03 m. Beim Leitwerk gelten folgenden Profiltiefen an der Wurzel beträgt l = 0.1 und die Profiltiefe an der Leitwerksspitze l = 0.02 m.

Daraus ergibt sich ein Re-Zahlbereich für den Flügel von Re = 21'000 ... 980'000 und für das Leitwerk von Re = 14'000 ... 490'000

Flügelprofile

In diesem Projekt kommen spezielle Profile für kleine Flügeltiefe zum Einsatz. Entsprechend sind hier lange Lauflänge im laminaren Bereich gewünscht und ein möglichst geringer Druckanstieg beim Übergang zur turbulenten Strömung.

Die Profile sollen niedrigste Widerstandswerte cw bei ca = 0.2 ..0.5 und vernünftiges Tragen bei ca = 0.6..0.7 gegebenenfalls unter Anwendung von Verwölbung bei niedrigen Fluggeschwindigkeiten bieten.

An dieser Stelle wird auf Hochauftriebs-Profile verzichtet, da es sich bei der Zielsetzung um ein schnelles Hangflugmodell handeln soll.

RG15

Als Referenzprofil kommt das RG15 von Rolf Girsberger zum Einsatz. Es ist immer noch eine gute Wahl, wenn es um Hangflieger geht. Universell und durch die Dicke von ca. 9% sicher und stabil herzustellen. Die Liste der realisierten Modelle mit RG15 dürfte endlos sein. Die Profilpolaren hierzu werden in einer separaten Unterseite detailliert.

HQ/DS-1.75-8

Das Profil HQ/DS-1.75-8 von Helmut Quabek soll sich besonders für DS-Modelle bzw. für schnelle Hangflieger eignen. Die grosse Wölbung von 1,75 % und die Dicke von 8% versprechen im Schnellflug mit negativ gesetzten Wölbklappen extrem niedrige Widerstandsbeiwerte um cw = 0,004 und liefern mit positiv gesetzten Wölbklappen wettbewerbsfähige Sink- und Gleitleistungen. Die Profilpolaren hierzu werden in einer separaten Unterseite beschrieben.

MG06

Das Profil MG06 von Marcel Gywang zeigt sich mit leichtem S-Schlag als ideales Profil z.B. für den benannten F3F- Segler Pike Brio. Extrem dünn und nicht ganz leicht zu bauen, wie auch das Fliegen mit gesetzten Klappen im Normalflug machen diese Profil sehr interessant. Die Profilpolaren hierzu werden in einer separaten Unterseite beschrieben.

MH30

Das Profil MH30 von Martin Selig, ausgelegt für kleine Hangflugmodelle erweist sich bezüglich Widerstandswerte im unteren Auftriebsbereich dem RG15 deutlich überlegen. Die Profilpolaren hierzu werden in einer separaten Unterseite beschrieben.

S6062

Das Profil S6062 von Martin Selig ist ausgelegt für kleine Hangflug- und Speed-Modelle. Im Einsatz auf dem Quickstepp zeigt sich eine hervorragende Umsetzung dieses Profils. Die Profilpolaren hierzu werden in einer separaten Unterseite beschrieben.

AG40

Das Profil AG40 von Mark Drela ist ein extrem dünner Profilentwurf für HLG-Modelle und zeigt sowohl minimale Sinkeigenschaften wie auch geringe Widerstände im negativ gewölbten Einsatz. Insbesondere die geringen Flächenbelastungen sind hier interessant für ein Thermikmodell. Die Profilpolaren hierzu werden in einer separaten Unterseite beschrieben.

HN-350

Das Profil HN-350 von Norbert Habe zeigt sich im Einsatz auf dem Fokus als attraktives Profil für kleine Hangsegler mit breitem Geschwindigkeitsspektrum. Die Profilpolaren hierzu werden in einer separaten Unterseite beschrieben.

HN-1054

Das Profil HN-1054 von Norbert Habe ist ein neuerer Entwurf und sollte dem NH-350 überlegen sein. Die Profilpolaren hierzu werden in einer separaten Unterseite beschrieben.

RL1YP1

Das Profil RL1YP1 von Norbert Hübner ist ausgelegt für Pylon-Modelle und findet Anwendung in der bekannten Ariane. Es zeigt sehr tiefe Widerstandswerte und hat einen zeigt geringe Druckanstiege auf. Mit etwas Wölbung sind auch vernünftige Auftriebswerte zu erzielen. Die Profilpolaren hierzu werden in einer separaten Unterseite beschrieben.

SD7003

Das Profil SD7003 von Selig und Donovan ist für kleine Re-Zahlen ausgelegt. In ausgedünnter Form eignet sich dieses Profil Hervorragend im Aussenflügel, während es an der Wurzel einfach zu wenig Wirkungsgrad bringt. Die Profilpolaren hierzu werden in einer separaten Unterseite beschrieben.

Leitwerksprofile

Für die Leitwerksprofile kommen momentenneutrale, symmetrische Profile zum Einsatz, welche möglichst geringen Widerstand in allen Re-Zahlbereichen aufweisen und dabei noch vernünftig zu bauen sind (leicht und torsionssteif).

E478-7.35

Das Profil E478-mod kommt bei den Modellen von Vaclav Voitisek (VV-Model) zum Einsatz. Entsprechend wurde dieser Ansatz bei einer Dicke von 7.53% verwendet. Die Profilpolaren hierzu werden in einer separaten Unterseite beschrieben.

HT14

Das Profile HT14 wurden von Marc Drela entwickelt als Leitwerksprofile und zeigen gegenüber den anderen Vertretern ein geringeres "Totband" auf. Die Profilpolaren hierzu werden in einer separaten Unterseite aufgeführt.

S8025

Das Profil S8025 von Martin Selig ist ein leicht tragendes Profil für Leitwerke und eignet sich aufgrund der geringen Widerstände ausgezeichnet. Die Profilpolaren hierzu werden in einer separaten Unterseite beschrieben.

HQ/A-0-8

Hier wurde ein Profil von Helmut- Quabeks Sammlung verwendet. Er vertritt die Haltung, dass für HLW eine Dicke von 11% Vorteile beim Abrissverhalten gegenüber den Profilen mit geringeren Profilen aufweisen. Trotzdem wurde aus Überlegungen zum geringsten Widerstand ein 8% dickes Profil verwendet. Die Profilpolaren hierzu werden in einer separaten Unterseite aufgeführt.

Profilwahl

Die Auswahl an Profilen für ein schnelles Hangflugmodell kann nicht per se als richtig oder falsch beurteilt werden. Es geht klar darum die gesteckten Ziele zu verfolgen. Für die Auslegung eines Segelflugmodells gibt es nun abhäng für welche Grundgeschwindigkeit zu erreichen ist folgende Aspekte der Optimierung zu berücksichtigen:

  • Maximaler Wirkungsgrad bei einer maximalen Gleitzahl E

  • Erreichen einer flachen Geschwindigkeitspolare für einen guten Wirkungsgrad auch bei höheren Fluggeschwindigkeiten

  • Möglichst hoher Maximalauftrieb bei geringer Geschwindigkeit geg. auch unter Verwendung von Wölbklappen für gute Thermikleistung und einfaches Starten des Modells

  • Gutmütiges Verhalten auch bei grossen Anstellwinkeln für gute Langsamflugeigenschaften.

Unter diesen Gesichtspunkten muss nun in der Optimierung ermittelt werden, welche Profile für Luzi 2 zu Einsatz kommen sollen.